Ruperto Carola Ringvorlesung – 1945: Epochenschwelle und Erfahrungsraum Ruperto Carola Ringvorlesung – Die Überlebenden: Deutsche Juden und jüdische Displaced Persons in Nachkriegsdeutschland

  • Monday, 30. June 2025, 18:15
  • Alte Universität, Aula, Grabengasse 1, 69117 Heidelberg
    • Prof. Dr. Atina Grossmann, Berlin / New York

Im Jahr 1933 lebten in Deutschland ca. 500.000 Juden. 1946/47, drei Jahre nachdem die Nationalsozialisten Deutschland für „judenrein“ erklärt hatten, hielt sich ein überlebender Rest von ungefähr einer Viertelmillion Juden in Deutschland auf, die meisten davon in der amerikanischen Besatzungszone. Nur rund 15,000 von ihnen waren deutsche Juden, bei den meisten handelte es sich um sogenannte displaced persons aus Osteuropa, die zunächst aus der Sowjetunion nach Polen repatriiert worden waren und dann in die amerikanische Besatzungszone geflohen waren. In ihrem Vortrag wird Prof. Grossmann einige bisher eher unbeachtete Themen behandeln: Wie haben die sehr unterschiedlichen Erfahrungen der displaced persons die Erinnerung an Verfolgung und Überleben geprägt? Wie haben sie ihr Leben und ihre Familien wieder aufgebaut? Wie verliefen die zahlreichen, wenngleich meist temporären, Begegnungen zwischen Juden und Deutschen? 

2025 Ruperto Carola Ringvorlesung - 1945: Epochenschwelle und Erfahrungsraum

Zur Person

Atina Grossmann ist Professorin für Moderne Deutsche und Europäische Geschichte sowie Geschlechtergeschichte an der Cooper Union for the Advancement of Science and Art in New York (USA). Mit ihrer Arbeit über die Geschichte der Sexualreformbewegung in Deutschland (Reforming Sex: The German Movement for Birth Control and Abortion Reform, 1920-1950) hat sie sich international einen Namen auf dem Gebiet der Gender Studies gemacht. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die deutsch-jüdische Geschichte im 20. Jahrhundert.

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1945: Epochenschwelle und Erfahrungsraum

Am 8. und 9. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht in Europa, am 2. September 1945 folgte die Kapitulation Japans, die den Krieg auch in Ostasien und im Pazifik beendete. Der größte militärische Konflikt der Weltgeschichte forderte über 60 Millionen militärische und zivile Todesopfer, darunter sechs Millionen europäische Juden, die dem von Nazi-Deutschland verübten Menschheitsverbrechen des Holocaust zum Opfer fielen. Unzählige Menschen verloren Angehörige, Heimat, Hab und Gut. 

Der Zweite Weltkrieg hat die deutsche, europäische und globale Erinnerungskultur geprägt und die Verpflichtung in unserem Bewusstsein verankert, dass sich eine solche Katastrophe niemals wiederholen darf. Doch achtzig Jahre später ist der Krieg mit dem russischen Überfall auf die Ukraine nach Europa zurückgekehrt. Die Universität Heidelberg möchte mit ihrer Ruperto Carola Ringvorlesung zum Kriegsende 1945 daher auch einen Beitrag zu einer Erinnerungskultur leisten, in deren Zentrum die Verteidigung von Freiheit, Frieden und Demokratie steht.

Der Fokus auf 1945 als Epochenschwelle und Erfahrungsraum eröffnet zwei sich ergänzende Perspektiven: die rückschauende Deutung, die das Ende des Zweiten Weltkrieges in die Brüche und Kontinuitäten der Geschichte des 20. Jahrhunderts einordnet, und die Rekonstruktion des unmittelbaren menschlichen Erlebens und Erleidens. Die neun Referentinnen und Referenten der Ruperto Carola Ringvorlesung werden beide Dimensionen exemplarisch in lokalen, nationalen und internationalen Kontexten in den Blick nehmen. Dabei wird deutlich, dass sich das Kriegsende 1945 mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen, Erinnerungen und historischen Zäsuren verbindet.

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